Als jemand, der tief in die Wissenschaft der metabolischen Gesundheit eingetaucht ist, habe ich erkannt, dass Entzündungen nicht nur ein Symptom, sondern oft eine treibende Kraft hinter Stoffwechselerkrankungen, insbesondere Diabetes, sind. Das Verständnis von Entzündungsmarkern im Blutbild ist nicht nur für Forscher gedacht – es ist essenzielles Wissen für alle, die Verantwortung für ihre eigene Gesundheit übernehmen möchten.
Akute vs. Chronische Entzündung: Den Unterschied kennen
Entzündungen sind an sich nicht grundsätzlich schlecht. Tatsächlich ist die akute Entzündung ein wichtiger Schutzmechanismus. Wenn Sie sich in den Finger schneiden oder eine Erkältung bekommen, startet Ihr Körper eine Entzündungsreaktion, um die Wunde zu heilen oder die Infektion zu bekämpfen. Diese Form der Entzündung ist lokal begrenzt, vorübergehend und tatsächlich vorteilhaft.
Chronische Entzündung hingegen erzählt eine andere Geschichte. Sie ist niedriggradig, dauerhaft und kann jahrelang oder sogar jahrzehntelang unbemerkt im Körper bestehen. Im Gegensatz zur akuten Entzündung, die sich mit offensichtlichen Symptomen wie Schwellung oder Fieber bemerkbar macht, agiert die chronische Entzündung meist still und richtet dabei Schaden an Blutgefäßen, Bauchspeicheldrüse und anderen Organen an. Besonders diese Entzündungsform steht in engem Zusammenhang mit Insulinresistenz, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Wie ich meinen Patienten oft erkläre, ist es entscheidend, diesen Unterschied zu verstehen – wir möchten die sinnvolle, akute Entzündungsreaktion bewahren, während wir die chronische Entzündung erkennen und beheben, bevor sie zu einer Stoffwechselstörung führt.

Wichtige Blutmarker, die Entzündungen erkennen lassen
Bei der Auswertung von Laborergebnissen konzentriere ich mich auf mehrere wichtige Marker, die helfen können, zugrunde liegende Entzündungen zu identifizieren:
High-sensitivity C-reaktives Protein (hsCRP)
Wahrscheinlich der wertvollste Entzündungsmarker im Zusammenhang mit metabolischer Gesundheit ist das hochsensitive C-reaktive Protein oder hsCRP. Im Gegensatz zum Standard-CRP, das vor allem erhebliche Entzündungen infolge einer Infektion oder Verletzung erkennt, kann hsCRP bereits subtile Entzündungen anzeigen, die auf eine Stoffwechselstörung hindeuten können.
- Optimaler Bereich: In der Regel strebe ich Werte unter 1,0 mg/L an
- Grenzwertige Auffälligkeit: 1,0–3,0 mg/L
- Erhöhtes Risiko: Über 3,0 mg/L
Ein dauerhaft erhöhter hsCRP-Wert korreliert stark mit Insulinresistenz und einem gesteigerten Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Besonders wertvoll ist, dass hsCRP Entzündungen oft schon Jahre vor offensichtlichen Störungen im Glukose-Stoffwechsel auf Standardtests anzeigen kann.

Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG, engl. ESR)
Die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) misst, wie schnell rote Blutkörperchen in einem Reagenzglas absinken. Bei Entzündungen sorgen bestimmte Proteine im Blut dafür, dass die roten Blutkörperchen zusammenkleben und schneller absinken.
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Normbereiche variieren je nach Alter und Geschlecht:
- Männer unter 50: 0–15 mm/h
- Männer über 50: 0–20 mm/h
- Frauen unter 50: 0–20 mm/h
- Frauen über 50: 0–30 mm/h
Obwohl weniger spezifisch als hsCRP, kann eine erhöhte BSG einen zusätzlichen Hinweis auf systemische Entzündung geben, die an einer Stoffwechselstörung beteiligt sein könnte.
Fibrinogen
Fibrinogen ist ein Protein, das in der Leber gebildet wird und bei der Blutgerinnung hilft. Es ist außerdem ein Akute-Phase-Protein, dessen Spiegel bei Entzündungen ansteigt.
- Normalbereich: 200–400 mg/dL
Erhöhtes Fibrinogen signalisiert nicht nur Entzündungen, sondern führt auch zu einer erhöhten Blutviskosität und einem gesteigerten Gerinnungsrisiko – Faktoren, die bei Menschen mit Stoffwechselstörungen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.
Ihre Werte interpretieren: Mehr als nur Einzelzahlen
Einer der häufigsten Irrtümer, denen ich begegne, ist die Annahme, dass eine einmalige Messung eines Entzündungsmarkers endgültige Aussagen erlaubt. Das ist schlichtweg nicht der Fall. Das sollten Sie beachten:
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Der Kontext zählt. Akute Erkrankungen, kürzliche intensive Bewegung oder auch schlechter Schlaf in der Nacht vor der Blutabnahme können Entzündungsmarker vorübergehend ansteigen lassen.
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Verläufe sind wichtiger als Einzelwerte. Ich empfehle, diese Marker über die Zeit hinweg zu beobachten, statt sich auf eine einzelne Messung zu fixieren.
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Mehrere Marker erzählen die bessere Geschichte. Wenn hsCRP, BSG und Fibrinogen gleichzeitig erhöht sind, ist das ein stärkerer Hinweis auf eine klinisch relevante Entzündung als ein einzelner Marker allein.
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Sie sagen nicht, wo oder warum. Erhöhte Entzündungsmarker machen lediglich auf das Vorliegen einer Entzündung aufmerksam, nicht aber auf deren Ort oder Ursache. Weitere Untersuchungen sind oft notwendig.
Für Menschen mit Prädiabetes oder Diabetes kann die Überwachung dieser Entzündungsmarker besonders wertvoll sein. Eine Reduzierung von Entzündungen durch Lebensstilmaßnahmen verbessert die Insulinsensitivität oft schon, bevor sich dies in klassischen Markern wie Nüchternblutzucker oder HbA1c niederschlägt.

Fazit: Entzündungsmarker als Wegweiser auf dem Weg zur metabolischen Gesundheit nutzen
Die Beziehung zwischen Entzündung und Diabetes ist bidirektional – Entzündungen können zur Entstehung von Diabetes beitragen, und Diabetes kann wiederum Entzündungen verstärken. Durch das Beobachten von Entzündungsmarkern und gezielte Maßnahmen gegen chronische Entzündungen lässt sich dieser Teufelskreis möglicherweise stoppen oder sogar umkehren.
Sind Ihre Entzündungsmarker erhöht, konzentrieren Sie sich auf wissenschaftlich belegte Maßnahmen zur Entzündungsreduktion: Priorisieren Sie ausreichend Schlaf, integrieren Sie regelmäßige, moderate Bewegung, meiden Sie stark verarbeitete Lebensmittel und erwägen Sie ein antientzündliches Ernährungsmuster wie die Mittelmeerdiät. Für einige Menschen können auch intermittierende Fastenphasen starke antientzündliche Effekte haben.
Denken Sie daran: Diese Marker sind, so wertvoll sie auch sind, nur ein Teil des gesamten Puzzles Ihrer metabolischen Gesundheit. Sie sollten zusammen mit anderen Messwerten und, vor allem, im Kontext Ihrer tatsächlichen Befindlichkeit und Leistungsfähigkeit interpretiert werden.
Quellen:
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Pradhan AD, Manson JE, Rifai N, Buring JE, Ridker PM. C-reactive protein, interleukin 6, and risk of developing type 2 diabetes mellitus. JAMA. 2001;286(3):327-334.
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Donath MY, Shoelson SE. Type 2 diabetes as an inflammatory disease. Nat Rev Immunol. 2011;11(2):98-107.